
Der heilige Mauritius und die thebaische Legion, Martyrer.
Es scheint, daß die thebaische Legion so
genannt wurde, weil sie großen Theiles in der Thebais oder in Oberegypten
errichtet worden war, wo viele eifrige Christen lebten. Sie bestand ganz aus
christlichen Soldaten, und Mauritius war ihr Befehlshaber. Im Jahre 286
machte sie unter dem römischen Cäsar Maximianus Hercules, dem Mitregenten
des Kaisers Diocletian, den Feldzug gegen die Bagauden in Gallien mit.
Nachdem die Alpen überstiegen waren, gestattete man den Truppen einige
Rasttage, damit sie sich von den Anstrengungen des mühevollen Zuges erholen
könnten. Das Heer lagerte bei Octodurum, jetzt Martigny, einer damals
beträchtlichen Stadt an der Rhone oberhalb des Genfersees. Es war ein
bischöflicher Sitz daselbst, der im sechsten Jahrhunderte nach Sitten
verlegt worden zu sein scheint.
Maximian ertheilte während der Rastzeit
Befehl, das ganze Heer solle den Göttern ein Opfer darbringen, um
Waffenglück von ihnen zu erflehen. Da man sich nun hiezu anschickte, verließ
die thebaische Legion das Lager und stellte sich bei Auganum (dem heutigen
Saint Maurice), drei Stunden von Octodurum auf, um an heidnischen Gräueln
nicht Theil zu nehmen. Maximian sendete ihr den Befehl nach, auf den
allgemeinen Standplatz zurück zukehren und sich mit dem übrigen Heere zur
Darbringung des Opfers zu vereinigen. Als aber die ganze Legion sich
standhaft weigerte, die gotteslästerliche Feierlichkeit mitzumachen, ließ er
jeden zehnten Mann nach dem Loose niederhauen. Die Anderen blieben
gleichwohl unerschüttert und ermunterten sich wechselseitig, in ihrer
Religion treu zu beharren. Darauf ward zum zweiten Male der zehnte Mann
ausgehoben und hingerichtet; man richtete aber damit eben so wenig aus. Alle
übrig gebliebenen Soldaten riefen einmüthig aus, daß sie dem ungerechten
Befehle nicht gehorchen würden, sondern bereit seien, eher den Tod zu
erleiden, als ihren Glauben zu verläugnen. Es sei besser in die Ungnade
eines sterblichen Menschen zu fallen, als in die Ungnade des lebendigen
unsterblichen Königs Himmels und der Erde. Mauritius und die
Unterbefehlshaber Exuperius und Candidus trugen nach Kräften bei, die
Mannschaft in diesem heldenmüthigen Entschluße zu bestärken. Der Cäsar ließ
nun der Legion verkünden, er werde ihr großen Vortheil gewähren, wenn sie
sich seinem Willen unterwerfe; wo aber nicht, so solle sie zum
abschreckenden Beispiele für die Ungehorsamen bis auf den letzten Mann
vertilgt werden. Hierauf gab Mauritius im Namen Aller die Antwort: "Wir sind
deine Soldaten, wir sind aber auch Diener des wahren Gottes. Wir sind zum
Kriegsdienste und zum Gehorsame verpflichtet, können aber Den nicht
verläugnen, der unser Schöpfer und Herr, wie der Deine, ist, selbst da, wo
du ihn verwirfst. Doch auch das Aeußerste, wozu wir jetzt gebracht sind,
vermag uns nicht zum Aufruhre zu verleiten. Wir haben die Waffen in den
Händen; wir denken aber an keinen Widerstand, weil wir lieber unschuldig sterben, als schuldvoll leben wollen."
Die Legion bestand aus mehr denn sechstausend tapferen Streitern, die wohl der Gewalt sich hätten erwehren
können; allein sie wußten, daß, wenn man Gott gibt, was Gottes ist, man auch
dem Kaiser geben müsse, was dem Kaiser gebührt, und sie bewiesen größeren
Muth, da sie für ihren Glauben starben, als wenn sie jede andere, noch so
kühne und gefahrvolle Tath ausgeführt hätten. Maximian, der alle Hoffnung,
ihre Standhaftigkeit zu erschüttern, aufgab, ließ auf sie eindringen und sie
niedermetzeln. Weit entfernt auch nur den mindesten Widerstand zu thun,
legten Alle die Waffen nieder und boten, sich gegenseitig zum Tode
ermunternd, ihre Leiber, geduldigen Lämmern gleich, den Schwertern und
Spießen der Heiden dar. Weit umher war das Feld mit Leichen bedeckt und
Ströme Blutes flossen allenthalben. Ursus und Victor, die zur thebaischen
Legion gehörten, aber damals entfernt waren, wurden zu Solothurn gemartert,
wo man jetzt noch ihre Reliquien aufbewahrt. Octavius, Adventitus und
Solutor litten um dieselbe Zeit in Turin.
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Papst Alexander III.
Hier muss es sich um den recht kriegerischen Papst Alexander III. (1159 - 1181)
handeln, der triumphierend seinen Fuß auf Kaiser Friedrich Barbarossa setzt.
Zwar hält der mit der rechten Hand sein Szepter noch hoch, doch kann er mit
der linken nicht mehr nach den Territorien des Papstes greifen.
Der Kaiser ist in der symbolhaften Szene bereits über 50 Jahre alt und im Barte
leicht ergraut. Was war geschehen?
Kaiser und Papst hatten sich seit 1159 ständig bekriegt, wobei Friedrich I. durch die
wiederholte Wahl von Gegenpäpsten (Victor IV., Paschalis III., Calixtus II.)
einem Kirchenbann und somit einem neuen Gang nach Canossa vorbeugte.
Doch da gelang Alexander III. im Jahre 1176 mit Hilfe des
Lombardischen Städtebundes in der Schlacht von Legnano der entscheidende
Sieg gegen den Kaiser. Friedrich musste auf Verhandlungen eingehen:
Im Juli desselben Jahres [1177] begab sich
Friedrich nach Venedig. Übers Meer von Ravenna bis Chioggia wurde er vom
Sohn des Dogen begleitet, dann erreichte er die Kirche San Niccolò am Lido,
und am Sonntag, dem 24., warf er sich auf dem Markusplatz vor Papst
Alexander zu Boden. Dieser hob ihn auf und umarmte ihn mit ostentativer
Herzlichkeit, und alle ringsum sangen das Te Deum. Es war wirklich
ein Triumph, wenn auch nicht ganz klar war, für wen der beiden*. In
jedem Fall beendete es einen Krieg, der achtzehn Jahre gedauert hatte, und
nur wenige Tage später unterzeichnete der Kaiser einen Waffenstillstand auf
sechs Jahre mit den Städten der Lombardischen Liga. Friedrich war so
zufrieden, daß er beschloß, noch einen Monat in Venedig zu bleiben.
*Ecos feine Ironie wird den geschichtlichen Tatsachen nicht ganz gerecht. Natürlich
hatte keine Partei wirklich triumphiert (höchstens auf Altarbildern). So
musste der Kaiser im Frieden von Venedig endgültig auf das Patrimonium Petri verzichten, hatte
aber dafür endlich Ruhe an der Südfront und somit freie Hand, im Reich nördlich der Alpen
durchzugreifen. Jetzt konnte Heinrich der Löwe, sein
Hauptgegner, in die Reichsacht genommen werden. Mit der Verteilung dessen
Besitzes an andere wackelige Fürsten und einer auf Aussöhnung ausgerichteten Politik erreichte Friedrich I. eine
so große Stabilität nach innen und Sicherheit nach außen, dass die Menschen
in den kommenden Jahrhunderten, wenn es wie so häufig wieder einmal um das
Reich schlecht stand, die Wiederkunft Kaiser Rotbarts erwarteten. Der sitzt
derweil im Kyffhäuser schlafend an einem Tisch, durch dessen Platte sein
wohl inzwischen weißer Bart gewachsen ist.
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