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Wilhelm Tell und der amerikanische Freiheitskampf

Ein Beitrag zum Schillerjahr

 

 

 

 

 

 Prof. Gerhard Lauer aus Göttingen wies in einem Vortrag in Freiburg mit dem Titel: Das Schöne und die Republik, Politische Klassik im Weimar des 18. Jahrhunderts. auf Spuren der Declaration of Independence in Schillers Wilhelm Tell hin. Der Kampf um Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten in einer Art konservativer Revolution hat den Dichter der Freiheit wesentlich mehr beeinflusst als die französische Revolution. Dieses Thema schien mir einer genaueren Untersuchung wert.

 

Einflüsse der französischen Revolution auf die deutschen Klassiker

 

 Es ist bekannt, dass viele unserer Klassiker die französische Revolution zunächst begrüßten, dann degoutiert von den Exzessen diese aber ablehnten. 

 

So schreibt Karl August von Knebel an seine Herzogin Anna Amalia in Weimar: Uns alle reizt jetzt das grosse Schicksal von Frankreich. In der Tat setzt dieses der Aufklärung und den Fortschritten dieses Jahrhunderts gleichsam die Krone [?] auf ... Frankreich wird dadurch die Erste Nation der Welt. Wusste er nicht, dass Frankreich bereits seit dem Westfälischen Frieden politisch und kulturell die beherrschende Macht in Europa ist?

 

Viele Deutsche hatten sich im 18. Jahrhundert mit ihrer teutschen Freyheit gegenüber dem so versklavten Frankreich über die machtpolitische Ohnmacht des Reiches hinweggetröstet. Nun werden sie angesichts des Freiheitsrausches im Nachbarland verunsichert, verstehen die Welt nicht mehr. Bewunderung macht sich breit.

 

Hegel, Hölderlin und Schelling pflanzen in Tübingen einen Freiheitsbaum und umtanzen ihn, revolutionäre Lieder singend.

 

Mit den Auswüchsen der Revolution lässt dann die Begeisterung in Deutschland rasch nach. Schöngeister wie Klopstock, Wieland und auch Goethe wenden sich angeekelt ab. Unser Nationaldichter steht dem Freiheitsbegriff recht skeptisch gegenüber, wenn er etwa im Egmont Herzog Alba auf Egmonts Frage, wer denn nun den Niederländern die Freiheit verbürge, sagen lässt: Freiheit ein großes Wort, wer's recht verstände. Schließlich schreibt Goethe in seinen Venezianischen Epigrammen:

 

Frankreichs traurig Geschick, die Großen mögens bedenken
Aber bedenken fürwahr sollen es Kleine noch mehr.
Große gingen zugrunde: doch wer beschützte die Menge
Gegen die Menge? Da war die Menge der Menge Tyrann.

 

Im Jahre 1792 unterschreibt Danton im Namen des Revolutionsrats ein Gesetz in der so illustren Personen wie George Washington, Johann Heinrich Pestalozzi, James Madison, Friedrich Gottlieb Klopstock die französischen Staatsbürgerschaft verliehen wird.  Du même jour findet sich dann noch ein sieur Gille, den ein Abgeordneter, der sich wohl an Schillers Theaterstück Les brigands erinnerte, hinzusetzen ließ.

 

 

Weiter

 

 

 

Seine Eindrücke der bald darauf folgenden Schreckensherrschaft hat Schiller 1799 in seinem Lied von der Glocke geschildert:

...
Wenn sich die Völker selbst befrein,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.
Weh, wenn sich in dem Schoß der Städte
Der Feuerzunder still gehäuft,
Das Volk, zerreißend seine Kette,
Zur Eigenhilfe schrecklich greift!
Da zerret an der Glocken Strängen
Der Aufruhr, daß sie heulend schallt
Und, nur geweiht zu Friedensklängen,
Die Losung anstimmt zur Gewalt.
Freiheit und Gleichheit! hört man schallen,
Der ruhge Bürger greift zur Wehr,
Die Straßen füllen sich, die Hallen,
Und Würgerbanden ziehn umher,
Das werden Weiber zu Hyänen
Und treiben mit Entsetzen Scherz,
Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen,
Zerreißen sie des Feindes Herz.
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen
Sich alle Bande frommer Scheu,
Der Gute räumt den Platz dem Bösen,
Und alle Laster walten frei.
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,
Verderblich ist des Tigers Zahn,
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,
Das ist der Mensch in seinem Wahn ...

 

 

This page was last updated on 09 August, 2018